Mobilität – kein Thema mehr

Nichts geht mehr: Im Augsburger Bauausschuss wurde die Sperrung des Grabens zwischen Citygalerie und MAN angeregt. (Foto: augsburger-allgemeine.de/Anne Wall)
Nichts geht mehr: Im Augsburger Bauausschuss wurde die Sperrung des Grabens zwischen Citygalerie und MAN angeregt. (Foto: augsburger-allgemeine.de/Anne Wall)

Irrwitz mit Methode

Bei der Lektüre meiner Lieblingszeitung musste ich heute an den verstorbenen Landesvater Franz Josef Strauß denken. An eines seiner kernigen Zitate genauer gesagt, für die der CSU-Politiker bekannt war. Strauß war zwar ein „rechter Sauhund“, wie der Bayer gerne sagt, aber beliebt. Unter anderem wohl deshalb, weil er seinem Wahlvolk nicht nach dem Mund schwätzte, sondern tat, was er für richtig hielt. Das erwähnte Zitat fiel in Zusammenhang mit Politikern, die – als Reaktion auf frühe Versionen heutiger Neiddebatten – stets betonten, bei Reisen nicht eingeladen zu sein, sich niemals nicht einladen zu lassen, kurz: moralische Vorbilder zu sein. Denen gab Strauß folgendes mit auf den Weg: „Wenn heute einer aus China zurückkommt, dann erzählt er stolz, dass er Flug und Hotel selbst bezahlt hat. Wenn ich aus China zurückkam, habe ich immer erzählt, wie viele Millionen ich als Aufträge für die deutsche Wirtschaft mitgebracht habe.“ 

Was Strauß damit sagen wollte: Politik, egal in welche Richtung sie zielt, muss man sich auch leisten können.

Und was hat dies nun alles mit Augsburg zu tun? 

Kaum ist in der Pandemie ein Lichtstreif am Horizont wahrzunehmen, geht der politische Irrwitz mit Methode wieder los. Man diskutiert, heute nachzulesen in meiner Lieblingszeitung, über weitere Mobilitätseinschränkungen in einer bereits halbtoten Innenstadt. Konkret: Die Fraktion „Bürgerliche Mitte“, namentlich Beate Schabert-Zeitler, hat im Bauausschuss des Stadtrates gefordert, den Mittleren Graben, der täglich von rund 15.000 Fahrzeugen befahren wird, zwischen City-Galerie und MAN in Nord-Süd-Richtung (mit Ausnahme „Anlieger frei“) zu sperren. Und natürlich soll er bei dieser Gelegenheit „fahrradfreundlich“ werden. Von Fußgängern ist übrigens keine Rede.

Ja, geht's eigentlich noch?

Die Augsburger Innenstadt ist auf dem besten Wege, eine tote Zone zu werden: In der Fußgängerzone sind Leerstände im Einzelhandel nun fast schon die Regel, prominente Geschäfte (Woolworth, Optik Meyer etc.) stehen seit Jahren leer. In naher Zukunft werden weitere Betriebe in der 1-A-Lage schließen müssen. Und das hat sicher nichts damit zu tun, dass in Annastraße, Philippine-Welser-Straße, Bürgermeister-Fischer-Straße und Steingasse der böse Autoverkehr tobt. Nein, man kann dort flanieren, einen Imbiss auf dem Stadtmarkt nehmen, shoppen. Vorausgesetzt, man ist überhaupt erst in die City vorgedrungen. Denn das wollen die genialischen Strategen im Rathaus offenbar mehr und mehr verunmöglichen.

Vielleicht sollte man  den Stadträtinnen und Stadträten einmal ins Bewusstsein rufen, dass wir in einer alternden Gesellschaft leben. Immer weniger Menschen werden zukünftig in der Lage sein, sich auf den Götzen Fahrrad zu schwingen oder gekaufte Güter zu Fuß oder per ÖPNV ins traute Heim zu schleppen.

Man kann die Entwicklung ja heute schon sehen: Während die Kernstadt zunehmend verödet, machen die Läden in der City-Galerie (noch) gute Geschäfte. Doch auch hier wollen zukunftsblinde Kommunalpolitiker für Gerechtigkeit sorgen – oder vielmehr das, was sie darunter verstehen: Wenn es der Innenstadt nicht gut geht, soll es dem einzigen noch verbliebenen florierenden Einzelhandelsstandort in der Kernstadt nicht besser gehen. Und – zack! – wird die Citygalerie vom Norden des Stadtgebiets abgehängt. Um die Folgen für die Stadtgesellschaft scheren sich die Träumer im Rathaus den Teufel. Hauptsache, dem krampfhaft beschworenen Titel einer „Fahrradstadt" wird einmal mehr Genüge getan. Da verhindert man doch gerne Infrastrukturprojekte mit umwelt-, arten- und klimaschutzpolitischen Spiegelfechtereien und lähmt die Wirtschaft mit abstruser Regelungswut. Und der Bürger, das hat er im Lockdown gelernt, bestellt derweil seine Waren bei Amazon ...

Blöd nur, dass die Internet-Warenhäuser ihre Steuern (wenn sie den überhaupt welche zahlen) nicht in Augsburg abdrücken. Sondern vielleicht auf den Caymaninseln. Oder in Timbuktu. Und Augsburg kommt derweil finanziell auf dem Zahnfleisch daher. Vielleicht fragen sich die Strategen im Elias-Holl-Rathaus mal, woher die Kohle für die Daseinsfürsorge einerseits und Klientelschleifchen wie Genderidiotie und Klimawahn andererseits noch herkommen soll. Gewiss nicht aus den lokalen Steuereinnahmen. Denn die wird es, wenn es so weiter geht, bald nicht mehr geben.

Armes Augsburg – mir schwant für dich nichts Gutes! Und manchmal bin ich froh, nun doch schon ein Alter erricht zu haben, in dem ich die Auswirkungen unserer heutigen Für-jede-Lösung-ein-Problem-Gesellschaft – hoffentlich – nicht mehr erleben muss.

Fortsetzung (das steht zu befürchten) folgt.

 

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