Leben mit Corona

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Als wäre es die Pest: Das Maskentragen, das in unseren Gefilden ja schon früher mal „en vogue" war, wird derzeit diskutiert, als gäbe es keine Pandemie. (Foto: wiki Commons)

Runter von der Spielwiese!

Gestern habe ich mir eine FFP2-Maske gekauft. Mehrere, um genau zu sein; denn man wird sie brauchen in den kommenden Wochen und in dieser Stadt. Gerade in dieser Stadt: Augsburg ist ein Hotspot der Pandemie, und zwar der mit der höchsten Ansteckungsrate der Republik. Vor ein paar Tagen habe ich hier noch ironisch von „Bad Augschl" geschrieben – aber die Realität holt die Satire gerade ein. Zum Lachen und Scherzen hat im Corona-Knast ohnehin keiner Lust. Und bei der Realsatirevorstellung, die in diesen Tagen im Augsburger Rathaus gegeben wird, verflüchtigt sich nun auch der letzte Rest an Humor.

Worum geht es? Um das Lockdownchen, das hier drei Tage früher als im Rest-Bayern in Kraft trat – angesichts rapid steigender Infektionszahlen mehrere Tage zu spät, wie ich meine: Die Kommunalpolitik hatte nämlich die unangenehme Entscheidung, wieder Gastronomie zu schließen und Veranstaltungen zu verbieten, erst mal vor sich hergeschoben, auf den Freistaat als Verordnungsgeber gehofft und das Heil schließlich bei einer Kanzlerin gefunden, die quasi eine „Gnade der auslaufenden Amtszeit" genießt und nicht wiedergewählt werden will. Angela Merkel hat (Chapeau!) zaudernde Ministerpräsidenten auf Linie gebracht – und musste doch hinnehmen, von der Riege ihrer potenziellen Nachfolger gebremst zu werden. Ja, Fußballspiele abzusagen ist unpopulär. Ja, Kneipen schließen ist übel. Aber, ganz ehrlich, an Corona zu sterben ist jetzt auch nicht der Burner.

An diesem Punkt beginnen dann die Debatten mit den mittlerweile durchgängig so genannten „Covidioten" über die Frage, ob Corona wirklich gefährlicher ist als die gewohnte Herbstgrippe. Ob einer an Corona oder mit Corona gestorben ist. Und jeder, der basisdemokratisch im Waldorfkindergarten nur Tanzen und Klatschen gelernt hat, bastelt sich seine eigenen Regeln. Geschenkt, Leute! Das beste, was euch im Augenblick passieren kann, ist klare politische Führung, sind unmissverständliche Aussagen à la „Nimm' dich nicht so wichtig und setz' deine Maske auf, du Vollhonk!" Kann man natürlich auch freundlicher formulieren, muss man aber nicht.

Für solche unmissverständlichen Ansagen braucht man aber auch das richtige Personal, und daran scheint es in Augsburg etwas zu mangeln. Die Schwachstelle kann auch benannt werden und sitzt im Referat für Nachhaltigkeit, Umwelt, Klima und Gesundheit am Rathausplatz 1. Rainer Erben ist vermutlich eher über die parteipolitische Schiene ins Amt des Referenten für Nachhaltigkeit, Umwelt, Klima und Gesundheit gekommen. Denn mal ehrlich: Ein Studium der Politikwissenschaften qualifiziert nicht per se für Aufgaben und Themenbereiche wie „Nachhaltigkeit, Umwelt, Klimaschutz, Öffentliches Grün, Naturschutz, Abfallwirtschaft und Stadtreinigung, Friedhofs- und Bestattungswesen, Heimaufsicht, Gesundheit, Verbraucherschutz, Veterinärwesen mit Fleischhygiene und Tierschutz, E-Mobilität". 

Persönlich würde ich Erben ja zutrauen, zum Schutz eines Vorkommens von Gyrodon lividus, dem Erlengrübling, einem  seltenen Giftpilz aus der Familie der Kremplingsverwandten, die Nato in Marsch zu setzen. Nur mit den Coronamaßnahmen hapert's ein bisschen.

Das fängt schon bei dem konfusen Erlass von Gebieten mit Maskenzwang in der Stadt an, der so verwirrend ist, dass kein Schwein mehr weiß, wo es die Maske aufzusetzen hat und wo nicht. Teile der Maskenpflicht wurden auch schon wieder aufgehoben, weil man (oh Wunder!) festgestellt hat, dass in herbstlichen Lechauen nun doch ein paar weniger Leute unterwegs sind als etwa am Königsplatz zur Hauptumsteigezeit. Und es hört mit der Tatsache nicht auf, dass es dem Referenten und seiner Verwaltung bisher nicht gelungen ist, zu Beginn und Ende der Gebotszonen Hinweisschilder aufzustellen. Jaja, wir haben alle grade Stress mit Corona und dem Leben, aber wie lösungsuntauglich darf man als immerhin nicht gerade ärmlich besoldeter Referent eigentlich sein?

Die Lösung des Problems kann nur lauten: Der Bereich Gesundheit muss einem anderen, zupackenderen Referenten zugeordnet werden. Und zwar rasch. Denn das Thema Corona ist keine Spielwiese à la Klimacamp. Sondern im Zweifelsfall eine Frage von Leben und Tod. Und die sollte man Profis überlassen.

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