Zurück ins Klein-Klein

Die Coronakrise geht dem Ende zu -- und schon diskutieren wir wieder um Klein-Klein.
Die Coronakrise geht dem Ende zu -- und schon diskutieren wir wieder um Klein-Klein.

Schöne neue, alte Welt

Es kommt nicht von ungefähr, dass im heutigen Blogbeitrag die bekannten Science-fiction-Autoren etwas gehäuft auftreten. Es geht bei SciFi ja um Visionen, und die bedrängen einen, wenn man in diesen Tagen so seine Lieblingszeitung durchblättert. Und gleich vorneweg eines: Es sind nicht die Visionen der angenehmen Art. Ein Zweites noch: Eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen, Corona im Blog zu übergehen. Das Thema war (und ist) eh omnipräsent. Da muss man es nicht auch noch hier breittreten. Nun ja: weit gefehlt! Man muss etwas sagen, weil ein positiver Effekt von Corona nämlich im Begriff ist, wieder von der Bildfläche zu verschwinden: der Blick aufs Wesentliche.

Das Wesentliche, das war, wie sich Corona auswirkt, wie man sich schützt, welchen Verlauf die Pandemie nimmt und vielleicht irgendwann die Frage, wie lange uns Covid und die Folgen noch in unserem persönlichen Leben verfolgen und beeinträchtigen würden. Kurz: Es waren Fragen, von denen jeder irgendwie betroffen war. Sie beherrschten ja auch die öffentliche und die veröffentlichte Diskussion, und das war gut so, auch wenn manchmal schon in ermüdendem Übermaß über Partikularbetroffenheiten berichtet wurde. Nun hat Corona glücklicherweise hierzulande einen unerwartet milden Verlauf genommen. Mag sein, dass das mit dem zeitweisen Verzicht auf individuelle Rechte und Freiheiten erkauft werden musste. In der Gesamtschau sind wir Bundesrepublikaner jedoch immer noch um Klassen glimpflicher davongekommen als etwa unsere Freunde in Italien - und das äußert sich bei Weitem nicht nur in den Todesopferzahlen.

Unser Land, unsere Stadt kehren langsam zur Vor-Corona-Normalität zurück. Das beinhaltet aber leider nicht nur die Möglichkeiten, unbeeinträchtigt von Einschränkungen zu leben. Sondern auch, dass wieder über die abstrusesten Forderungen und Meinungen diskutiert wird, als gäbe es kein Morgen. Da passt ein Zitat von George Orwell: „If liberty means anything at all, it means the right to tell people things they do not want to hear." („Wenn Freiheit irgendetwas bedeutet, dann das Recht, den Leuten Dinge zu sagen, die sie nicht hören wollen.")

Ich fange mal damit an:

In der aktuellen Wochenendausgabe meiner Lieblingszeitung war ein Meinungsbeitrag über die Frage zu lesen, ob auch in Augsburg (wie anderswo schon geschehen) Denkmäler fallen müssten, weil sie „rassistischen" Personen gewidmet sind. Die Fugger und die Welser, Augsburger Aushängeschilder der Historie, kamen da ins Spiel, und natürlich wurde auch die Forderung, aus Gründen der political correctness das Hotel „Drei Mohren" umzubenennen, wieder aufgewärmt. Was ich von Letzterem halte, habe ich hier schon einmal ausführlich geschrieben. Und dafür verbal Prügel bezogen...

Ich mache mich nun bereit, weitere „Bockfotzn" einzustecken. Denn auch das Ansinnen der Bilder- und Denkmalsstürmer halte ich für abstrus, beschränkt und geschichtsvergessen. Natürlich könnte man darüber reden, an Denkmälern zusätzliche Infotafeln aufzustellen, mithilfe derer die dargestellten historischen Gestalten in moderne Maßstäbe eingeordnet werden. Wahrscheinlich müsste man diese Tafeln periodisch erneuern oder anpassen - je nachdem, welche Sau gerade durchs politische Dorf getrieben wird. Aber Denkmäler stürzen oder beseitigen? Nein!

Würde man die Bilderstürmer*innen gewähren lassen, entstünde eine Welt beinahe so wie jene, die Aldous Huxley in seinem 1932 erschienenen dystopischen Roman „Brave New World" beschrieben hat: Eine uniforme Gesellschaft, ohne Ecken, Kanten und Reibungspunkte, in der Herrschaft nicht mit Gewalt, sondern weit effizienter mittels Propaganda, Medien und schulischer Erziehung ausgeübt wird, während das Volk in relativem Wohlstand und kognitiver Apathie vegetiert, in einen Brei aus Konsum und Selbstzufriedenheit eingelullt. 

Sieht man sich einmal an, wie achselzuckend die Forderungen der ideologischen Gleichmacher aufgenommen werden, wie wenig Widerspruch den allzeit politisch Korrekten entgegenschlägt, wie im Social-Media-Hype um Besinnung gerungen wird, so scheint Aldous Huxleys schöne neue Welt bereits in weit größerem Ausmaß verwirklicht, als man glauben mag. Nur: Wer möchte in so einer Welt existieren - (von „leben" möchte ich in diesem Kontext wirklich nicht schreiben!)? 

Ich jedenfalls nicht.

 

Fortsetzung folgt.

 

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