Merkles Abschied – 2

Jetzt nimmt er selbst Stellung

Augsburgs Baureferent Gerd Merkle (CSU) nimmt jetzt erstmals selbst Stellung in der Überstunden-Affäre. (Foto: CSU Augsburg)
Augsburgs Baureferent Gerd Merkle (CSU) nimmt jetzt erstmals selbst Stellung in der Überstunden-Affäre. (Foto: CSU Augsburg)

„Enzos Hundeleben“ ist nur ein kleiner Blog mit wenigen Nachrichten, viel Meinung und geringer Reichweite. Dennoch kann man jetzt hier erstmals und exklusiv im O-Ton lesen, was der Hauptbeteiligte in der sogenannten Überstundenaffäre (Bericht hier) zur Aufklärung beizutragen hat.

„Du bist der erste Journalist, der versucht Licht ins Dunkel zu bekommen. Nicht als Lobeshymne, das wäre unangebracht, sondern sich einmal die Mühe zu machen, Fakten zu recherchieren. Pro und Contra aufzuarbeiten und am Ende der Recherche sich eine Meinung zu bilden", so der Baureferent in einer Nachricht, in der er erklärt, wie es zu dem Überstundenberg kam, der derzeit bundesweit für Schlagzeilen sorgt: „4933 Überstunden sind viel, sehr viel, über 2 1/2 Jahre Mehrarbeit. Man könnte es sich einfach machen. Bei 45 Arbeitswochen im Jahr und bei 14 Jahren, bedeutet dies zwischen sieben und acht Überstunden pro Woche. Lächerlich! Aber so war es nicht." Er habe, wann immer das ging, seine Arbeitszeit eingehalten – „Ich war schließlich verheiratet und hatte zwei kleine Kinder." 

Darauf habe er aber schon bald keine Rücksicht mehr nehmen können. Erster „Großeinsatz“ sei die Ansiedlung des Landesamtes für Umweltschutz in Augsburg gewesen: „Wir wollten es Poing bei München, das bereits den Zuschlag hatte, abspenstig machen." Der damalige Stadtdirektor Heinz Wimmer habe die Federführung gehabt, „und er brauchte jemanden, der die Arbeit machte. Viel Arbeit.“ Das habe sich über Monate hingezogen: „Nichts war’s mit 39 Stunden pro Woche. Aber wir bekamen das LfU.“ Die Landesbehörde beschäftigt heute in Augsburg rund 800 Mitarbeiter.

Auch andere Großprojekte führten laut Merkle dazu, dass seine Mitarbeiter und er halt mehr erledigen mussten als einen normalen „Nine-to-Five-Job“. Als Beispiel führt der Baureferent den Kampf der Stadt um den Standort der Haindl-Papierfabrik und den Neubau der Papiermaschine 3 (PM3) gegen Jahresende 1997 an: „Während die anderen ihre Weihnachtsgans verdrückten, arbeiteten meine Kollegen und ich teilweise im Mehrschichtbetrieb drei Wochen durch, 20 Stunden am Tag, schlafen im Büro, aber wir konnten den Termin halten und Augsburg bekam wenige Wochen später den Zuschlag. Hunderte Arbeitsplätze waren gesichert, nach zwei Jahren ging die PM3 in Betrieb", so Merkle.

Ähnlich sei es bei weiteren Spezialaufgaben gelaufen. Merkle zählt in diesem Zusammenhang Projekte wie die – letztlich gescheiterte – Bewerbung Augsburgs um einen BMW-Standort, Erweiterungspläne für MT-Aerospace, Erweiterungen von MAN, Renk und vielen weiteren auf. Der Referent: „Man konnte sich auf Merkle verlassen, auch als der neue OB Wengert installiert war. Ich war ein gern gesehener Befehlsempfänger im Referat OB. Merkle funktionierte."

Darauf habe sich nicht nur Wengert verlassen, sondern auch der damalige CSU-Baureferent Dr. Karl Demharter: „Als Wengert im Jahr 2003 den ungeliebten Stadtdirektor Gerhard Stadler aus dem Referat OB entsorgen wollte und er ihn in die ,Gruft des Grauens' ins Amt für Stadtentwicklung in die Bahnhofstraße versetzt hat, übertrug man mir Hals über Kopf die Verantwortung für alle amerikanischen Konversionsflächen. Demharter sagte mir, ,Ich bin Bauingenieur, du bist Stadtplaner. Mach du die Bürgerveranstaltungen am Abend in Pfersee und später in Kriegshaber und mach doch bitte auch die Wochenend-Workshops. Du schaffst das!' Alles machbar, aber nicht in 39 Stunden pro Woche“, erzählt Merkle heute.

Natürlich habe er seinen Vorgesetzten Demharter nicht nur einmal um personelle Verstärkung gebeten, doch Wirkung habe das nicht gezeigt: „„Gerd, du kennst doch die Haushaltssituation. Was meinst du, wie schwierig mein Stand bei Wengert ist und was die Presse über uns schreibt, wenn ich eine neue Stelle beantrage. Schreib deine Überstunden auf und ich zeichne Dir die Notwendigkeit ab“, habe er als Antwort Demharters bekommen. 

Das habe auch der damalige SPD-OB Wengert gewusst, von dem Merkle nach seinen jüngsten Äußerungen zur Überstundenaffäre menschlich sehr enttäuscht ist: „Mein ,Freund' Wengert, obwohl sein Langzeitgedächtnis aufgrund seines Alters anscheinend nicht mehr ganz so funktioniert, hat im Weiteren gern auf mich zurückgegriffen. Ansonsten könnte er sich erinnern, dass das FCA-Stadion und die Ansiedlung des Premium-Aerotec-Werks 1 in seinem Auftrag bei mir gelaufen sind. Hätten wir heute das Werk 1 beim FCA nicht, wäre die aktuelle Diskussion über den Verbleib von Premium Aerotec in Augsburg  heute wohl anders ausgegangen."

Damit mag Merkle wohl recht haben. Überhaupt finden sich die Spuren, die der Baureferent in den Jahren seiner Amtszeit – und davor schon als Verwaltungsmitarbeiter – hinterlassen hat, im ganzen Stadtgebiet: Königsplatzumbau, das neue Hightech-Gewerbegebiet in Haunstetten, großflächiger Wohnungsbau an vielen Stellen der Stadt: Merkle hat Augsburgs Zukunftsentwicklung maßgeblich beeinflusst. Die kleinliche Erbsenzählerei um den Überstundenausgleich wirkt vor diesem Hintergrund nur noch schäbiger.

Fortsetzung folgt.

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Ulrich Müllegger (Sonntag, 01 Mai 2022 18:19)

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