Sagt ihn ab!

Und dann war ja da noch diese nicht ganz so kleine Stadt, die – wie das berühmte gallische Dorf – umringt war von Feinden. Feinde, die ihre Weihnachtsmärkte absagten, die 2G zum Maß aller Dinge erhoben, die die Gesunderhaltung ihrer jeweiligen Bürgerschaft an die erste Stelle ihrer Handlungsziele stellten. Und Augsburg so: „Scheiß auf Corona! Yippie! Wir machen Christkindlesmarkt! Glühwein und Bratwürschtle für alle!“ Und die nicht ganz so kleine Stadt zog sich erst mal kollektiv ein paar Becher Schwipsi rein…

Man könnte nun dieses Geschichtlein als die fiktive Episode der intellektuellen Insolvenz einer ganzen Stadt beiseite schieben, wenn nicht … Ja, wenn nicht genau das in Augsburg gerade passieren würde, und wenn die (Corona-)Lage nicht so dramatisch wäre. Dann also mal ernsthaft:

In ganz Deutschland explodiert derzeit die Zahl der Corona-Neuinfektionen. Mit beängstigenden Folgen: überlasteten Kliniken, medizinischem Personal am Rande des Zusammenbruchs und überrannten Impfzentren. Die Zeitungen sind folgerichtig jeden Tag voll von Veranstaltungsabsagen: Von München bis Hinterhaglhupfing werden Christkindlesmärkte und Weihnachtsfeiern gestrichen, Versammlungen verschoben, Kultur gecancelt. 

Nur nicht in Augsburg. Hier diskutiert ein obskures mixtum compositum aus Kommunalpolitik und Lobbyismus, wie der Christkindlesmarkt (der ja sooooo wichtig ist für das Maß aller Dinge, den „Handel“) doch noch stattfinden kann. Zum Zaudern der Verantwortlichen kommt dann noch des Partyvolkes Stimme – Facebooks Werk und Twitters Beitrag (in den Kommentaren).

Bis dann hoffentlich doch noch das Verdikt von höherer Stelle ergeht und den schwarzgrünen Prokrastinierern im Rathaus die längst fällige Entscheidung abnimmt: „Wir hätten ja so gerne unterm ,Christbaum für alle' gefeiert, aber wir dürfen ja nicht.“ Ein Armutszeugnis, ein Eingeständnis der Entscheidungsunfähigkeit!

Wer, wie jüngst Siegfried Zagler in seiner DAZ, die Absage des Adventsplärrers vor dem Rathaus fordert, wird von der Lobby auf Facebook niedergemacht. Wobei hier der Focus auf dem so genannten „Niveau“ des Adventsrummels liegt. Das wenigstens kann meiner Lieblingszeitung nicht passieren, die sich in der causa Christkindlesmarkt gerade mal zu einem Pro- und Contra-Kommentarstück durchringen konnte – keine Meisterleistung.

Denn es geht auch anders: AZ-Kommunalpolitiker Stefan Krog hat – Chapeau! – in seinem klugen Kommentar „Entscheidungen auf Leben und Tod“ aufgezeigt, was uns droht, wenn das Verantwortungs-Versteckspiel im Rathaus so weitergeht.

Und während wir kopfschüttelnd auf eine längst fällige Entscheidung warten, läuft auf der politischen Bühne weiterhin ein Schauspiel, das so abstrus – und ebenso zielführend – ist wie einst Loriots Kultur-Satire „Krawehl, Krawehl!“

Ach ja: Bald ist dann ja auch Fasching – wobei fast anzunehmen ist, dass die Narren mehr Situations- und Problembewusstsein zeigen als die Augsburger Kommunalpolitik.

Fortsetzung folgt.