Wenn die Tonne stehen bleibt

Wie man bei der Stadt Augsburg mit Bürgerbeschwerden umgeht, zeigt der Fall einer vergessenen Leerung der Grünen Tonne. (Foto: Wikimedia, High Contrast)
Wie man bei der Stadt Augsburg mit Bürgerbeschwerden umgeht, zeigt der Fall einer vergessenen Leerung der Grünen Tonne. (Foto: Wikimedia, High Contrast)

Inkompetent, aber frech

Nein, normalerweise würde ich keinen Blogbeitrag darüber schreiben, dass die Müllabfuhr neulich meine grüne Papiertonne nicht geleert hat. Jetzt tue ich es aber doch. Weil die kleine Episode aus dem Reich dieses Politiker gewordenen Dunning-Kruger.Effekts im Umweltreferat ein Licht darauf wirft, wie man bei der Stadt Augsburg mit der Beschwerde eines Bürgers umgeht.

 

Ouvertüre, 27. September

Die grüne Tonne steht zur Leerung an. Weil wir trotz weitgehender Digitalisierung immer noch ein papierintensiver Haushalt sind – die Weinkartons müssen ja irgendwann weg – wird das bis zum Bersten gefüllte Gefäß am Sonntagabend brav an den Straßenrand zu den Kolleginnen der Nachbarhaushalte geschoben. Am Montag kommt die Müllabfuhr.

 

Erster Akt, 28. September

Am Montagabend soll die Tonne wieder zurück in ihren gemütlichen Keller, doch – verdammt! – sie ist noch voll. Die der Nachbarn allerdings wurden geleert. Ich ziehe den messerscharfen Schluss, dass sie halt einfach übersehen wurde und rufe am Dienstag bei der entsprechenden Hotline der Stadt an. Die Mitarbeiterin dort will mich erst mal auf den nächsten Leerungstermin drei Wochen später vertrösten. Als ich das nicht akzeptieren will, sagt sie eine Nachleerung „in den nächsten Tagen“ zu. Sie hätte ja vielleicht auch noch eine Entschuldigung für das Versehen anbringen können. Aber man will ja nicht zuviel erwarten.

 

Zweiter Akt, 5. Oktober

Eine Woche ist vergangen, in der unsere Tonne, auf Leerung wartend, den Gehsteig vor dem Haus blockiert. Ich rufe erneut bei der Hotline an, da der Zeitraum von „in den nächsten Tagen“ nun doch schon deutlich überschritten scheint. Es ist zwar ein anderer Mitarbeiter am Telefon, aber die Taktik ist die selbe: Er vertröstet auf den nächsten Leerungstermin. Ich protestiere. Er schlägt vor, wir sollten unser Papier in die Tonnen der Nachbarn werfen. Mal davon abgesehen, dass diese sich wohl schön bedanken würden: Das geht schon deshalb nicht, weil auch sie ihre Tonnen im Keller haben, sie also nicht zugänglich sind. Der nette Herr an der Hotline wagt einen zweiten Geniestreich: Wir könnten den Tonneninhalt ja mit dem Auto in den Wertstoffhof fahren. Darauf lassen wir uns nicht ein und bestehen auf einer Nachleerung, die er schließlich, hörbar genervt, verspricht.

 

Dritter Akt, 12. Oktober

Die Tonne blockiert immer noch ungeleert den Gehweg. Ich beschließe, mit unserer Beschwerde mal eine Etage höher anzusetzen und schreibe einen Brief an den Umweltreferenten Reiner Erben (Grüne). Der Wortlaut ist unten nachzulesen.

 

Vierter Akt, 19. Oktober

Unsere Papiertonne wird geleert. Turnusmäßig.

 

Fünfter Akt, 29. Oktober

Immerhin zehn Tage, nachdem die bewußte Tonne ohnehin geleert wurde, erhalte ich eine Antwort von der Stadt. Der angeschriebene Referent selbst äußert sich erwartungsgemäß natürlich nicht selbst, ein „Abteilungsleiter Kundencenter, Marketing und Ortsrecht" muss ran – immerhin zehn Tage war mein Brief im Referat herumgelegen. Er entschuldigt sich erst mal für das Stehenlassen der Tonne – immerhin!

Dann allerdings folgt eine hanebüchene Erklärung, warum die Nachleerung unterblieb: „Normalerweise erfolgt die Nachleerung in einen der nächsten Tagen. [sic!] Aufgrund eines erhöhten Krankenstandes im September 2021 kam es vor, dass Partien durch Vertretungen unterstützt werden mussten und von der Vertretung leider auch vereinzelt Tonnen übersehen wurden. Die Antwort unseres Mitarbeiters, Sie auf den nächsten Leerungstermin zu vertrösten oder selbst zum Wertstoffhof zu fahren, war für Sie verständlicherweise nicht zufriedenstellend. Bitte haben Sie Verständnis, dass die Kolleginnen und Kollegen des Kundencenters hier lediglich bemüht waren, Ihnen alternative, kurzfristige Lösungen anzubieten.“  

Ganz so toll muss die Sache aber auch aus Sicht des Abteilungsleiters nicht gelaufen sein, denn in seinem Schreiben heißt es weiter: „Wir versichern Ihnen, dass wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nochmals dazu anhalten, dass ein Nachleerungstermin immer stattfinden muss.“ Immerhin: Wenigstens wurde mir die derzeitige Universalausrede für jede Art von Fehler erspart – Corona.

 

Finale Furioso 

Der Hammer in der Antwort des Abfallwirtschaftsbetriebs ist aber ein Satz, der sich ganz unauffällig ins Ende des Briefes geschmuggelt hat: „Laut Rückfrage bei unserer Logistik wurde ihre grüne Tonne bis zum 19.10.2021 nachgeleert.“  Ich musste ihn ein paar Mal lesen um zu verstehen, dass hier irgendwer irgendjemanden – Pardon! – verarscht. Entweder die „Logistik“ den antwortenden Abteilungsleiter, oder derselbe den beschwerdeführenden Bürger. Denn diese Aussage ist offenkundiger Blödsinn, ist falsch, stimmt nicht. Nichts wurde „nachgeleert“, sondern es war einfach durch Nichtstun so viel Zeit vertrödelt worden, bis sich das Problem durch den nächsten regulären Abholtermin für die städtischen Akteure von selbst erledigte. Während sich in meinem Keller das Altpapier stapelt.

Ich halte also fest: Das Versagen hat System. Offenbar hatte im AWS von Anfang an niemand vor, einen Fehler zu korrigieren. Statt dessen wird der sich beschwerende Bürger vertröstet und mit Halb- oder Nichtwahrheiten veräppelt. Ich bringe es auf eine einfache Formel: Inkompetent, aber frech.

 

Fortsetzung folgt.

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Kommentare: 1
  • #1

    Lotta & Herrchen (Mittwoch, 03 November 2021 00:00)

    Ich glaube zwischenzeitlich, eine der größten Fehler unserer Zivililation war die Abschaffung des Faustrechts. Gäbe es dieses noch, dann könnte man solche Antworten, wie die des AWA persönlich und effektiv abklären.

    Schreib doch einfach eine Dienstaufsichtsbeschwerde an OB*in Eva Weber. Wir stehen als Zeugen zur Verfügung. Frau Nicole Prestele könnte ja auch eine schriftliche Anfrage im Namen der AZ an die Stadt senden. Die Stadt Augsburg antwortet ja mutmaßlich liebend gerne schriftlich auf solche Auskunftsersuchen der Presse.

    Dir ist ja bekannt, dass wir gut vernetzt sind. Es geht bereits aus Kreisen der Verwaltung die Kunde um, dass unser Augsburg aktuell von 2 biederen Hausfrauen, die nebenbei Politik machen, regiert wird. Das passt ins Bild zum Zustand von Teilen unserer Verwaltung.

    Der war schon zu Zeiten von OB Kurt Gribl mutmaßlich in einem bedenklich schlechten Zustand. Beispiele zur Beweisführung gibt es genug. Ich erinnere mich an die Vernichtung des Uni-Kindergartens im Jahr 2020 durch das Jugendamt (Hr. Herz) und Referent Kiefer. Die AZ hat darüber berichtet und müsste die noch einschlägigen Dokumente besitzen. Obwohl OB Gribl persönlich hierzu angeschrieben wurde, bekam der Vorstand des Trägervereins des Uni-Kindergartens nie eine Antwort von ihm - auch nicht von seiner Nachfolgerin. Dafür äußerten sich die involvierten Jugensamtsleiter Hr. Herz und der, Gott sei Dank, gefeuerte Referent Kiefer mit Bedauen. Sie hätten doch so gerne die Zusammenarbeit fortgeführt. Zynischer geht`s nicht.

    Wenn sich die politisch Verantwortlichen mutmaßlich nicht um ihre tatsächlichen und urbanenen Aufgaben zur Lenkung der Verwaltung kümmern, ist der Verdacht, Augsburg sei politisch auf Kurs DDR 2.0 eingebogen, überlegenswert.

    Das Vertrauen der Bürger erreicht man auf diesem Weg nicht.



    Liebe Grüße

    Lotta & Leinenführer