Gewagte Kombination

Essen aus dem Piemont, Wein von der Elbe — geht das? Ja, mit Einschränkungen.
Essen aus dem Piemont, Wein von der Elbe — geht das? Ja, mit Einschränkungen.

Ei verbibbsch und boja fauss!

Enzo hat heute ja schon mal eine Runde im Blog gebellt. Und mir ans Herz gelegt, auch selbst mal wieder was kulinarisches zu schreiben. Also gut: Man macht ja, was der Hund will.
Zunächst mal: Es macht nichts so viel Spaß, wie für gute Freunde den Kochlöffel zu schwingen. Und deshalb hatten Enzo und ich noch während unseres Kurzurlaubs im Piemont beschlossen, ein paar Dinge mitzunehmen und aufzutischen. Und ein bisschen Wein wäre ohnehin im Keller gewesen.
Ja, der Wein. Mein Lieblingsweinhändler Micha hatte die (in der Tat sehr mutige) Idee, auch aus seinem Urlaub einen Beitrag zu einem gemeinsamen Abend zu leisten. Wein. Genauer gesagt: Wein aus Sachsen. Guten Wein.
Viele Jahre war ich der Ansicht, mit gutem Wein aus Ostdeutschland verhalte es sich wie mit Bielefeld: Gibt‘s nicht. Ich erinnere mich noch gut an eine improvisierte Verkostung mit Unstrut-Weinen vor rund 15 Jahren in Landsberg. Ich war im Geschäft meines Freundes Medardus, als ein Vertreter jener Weine aufschlug und seine Flaschen auspackte. Es wurde probiert und ich gebe gerne zu, dass drei oder vier der Weine ganz trinkbar waren. Anders Medardus, der zum Schluss sagte: „Einer war dabei, den könnte man zur Not trinken.“ Was übersetzt heißt: Zum Wegschütten, das Zeug. Der Vertreter verließ ohne Auftrag das Geschäft und Medardus setzte das Urteils-Fallbeil in Bewegung: „So ein Schmarrn kommt mir nicht ins Haus.“ Und das war‘s dann für die nächsten 15 Jahre mit meinen Ost-Wein-Erfahrungen...
Erst jetzt habe ich diesen neue Eindrücke hinzugefügt — und ich muss sagen, es sind überwiegend positive solche.  Nach dem Apéro (einem schönen Rosé-Franciacorta) ging es mit einem Traminer 2017, Spätlese, vom Weingut Drei Herren in Radebeul los. Angenehme Frucht, nicht so marmeladig wie Spätlesen oft sind, leichte 12 Prozent Alkohol, ein bisschen Gräseraromen — ich war überrascht, wie gut der Wein zu meiner Giardiniera (mit viel Gewürznelken, Lorbeer und Wacholder zubereitet) und einer leicht scharfen Gazpacho-Variation schmeckte.
Geradezu sensationell war darauf der ebenfalls spät gelesene 2016er Solaris vom selben Weingut. Angenehme Mineralik, feine Frucht, extrakt- und alkoholreich (13,5 %), sattes Gelb im Glas. Eine Bombe, die sich stilsicher zu den Tajarin mit geschöpftem Olivenöl und Sommertrüffel gesellte. Normalerweise trinke ich dazu, wenn es denn schon Weißwein sein soll, einen Arneis oder eine kräftige Nas-ceta. Doch beiden piemontesischen Rebsorten kann die Solaris locker das — pardon! — Wasser reichen.
Wir wollten danach zum Sottofiletto di Fassone auf Rotweinreduktion mit grünem Spargel und Kartoffel-Pastinaken-Kräuterstampf (dem Geschmack der drei mittessenden Damen entsprechend) einen Weiß- und einen Rotwein anbieten. Beide waren leider enttäuschend. Der Graue Burgunder 2016 „Pillnitzer Königlicher Weinberg“ der Winzergenossenschaft Meißen in der traditionellen Keulenflasche hat leider nur Supermarktniveau. Ihm fehlte Ausdruck und Individualität. Es gibt bessere Grauburgunder in dieser Preisklasse.
Was man analog auch vom Roten in unseren Gläsern sagen muss. Der stammte zwar nicht aus Sachsen, sondern von der Mosel. Für Freude sorgte er dennoch nicht. Der 2015er „Bremmer Regent Rotwein trocken“ der Weinmanufaktur Hubertus bleibt trotz 18 Monaten Reife im Holz (was man mit gutem Willen erschmecken kann)  flach und blass. 12 Alkoholgrade zeugen davon, dass nie viel „Bums“ in den Trauben war — ein Weinchen halt. Verstehe, wer mag, dass er bei der Landesprämierung der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz mit der bronzenen Kammerpreismünze geadelt wurde. Wir konnten übereinstimmend den Adel nicht erkennen, eher leicht prekäre Züge. Ab in die Sauce!
Als „Ersatz“ — bitte um Verzeihung für diese Formulierung! — kamen dann zum Hauptgang zwei Weine von Elio Altare, La Morra, ins Glas, beide bereits unter der Aegide der sympathischen Tochter Silvia Altare entstanden. Über den 2016er Langhe Nebbiolo und den Giàrborina 2013 haben Berufenere als ich schon Lobeshymnen verfasst. Mit Recht.
Bleibt noch, den Dessert-Sachsen zu würdigen, der mein Bunet auf Fruchtspiegel begleitete. Die Traminer Auslese 2011 von Schloss Poschwitz ist ein angenehmer Süßwein, der gut mit den leicht bitteren Cacao-Aromen des Bunet harmonierte. VDP-zertifiziert, reell, bodenständig übertraf er unsere Erwartungen deutlich. Dass wir ihm zum guten Abschluss noch einen Barolo chinato „La Foia“ von Nadia Curto folgen ließen, war lediglich der Genusssucht geschuldet.
Fortsetzung folgt — vielleicht sogar mit Wein „made in Sachsen“.

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Kommentare: 1
  • #1

    Micha (Sonntag, 17 Juni 2018 17:01)

    Danke, lieber Dieter, für das in-Worte-fassen des gestrigen Abends! Nicht nur dass du begnadeter Hobbykoch und Weinliebhaber bist, sondern du hast halt auch diese wunderbare Art, es zu beschreiben!