Auf dem falschen Weg

Armer Augustus! Wahrscheinlich stehst du bald mit der Sammelbüchse vor dem Rathaus. (Fotomontage)
Armer Augustus! Wahrscheinlich stehst du bald mit der Sammelbüchse vor dem Rathaus. (Fotomontage)

Neidappt!

„Neidappt!“, sagt der Augschburger, wenn jemand unversehens ins Fettnäpfchen latscht. „Neidappt“ möchte man der Augsburger OB Eva Weber (CSU) zurufen, die in dieser Woche mit einem Satz im Stadtrat die Pfeile (nicht nur der roten Kollegen) auf sich zog. In einer Debatte über die Parkgebühren in Augsburg hatte Weber sinngemäß gesagt, dass Innenstadtkunden, die keine 2,60 Euro Parkgebühren pro Stunde zahlen könnten/wollten, wohl nicht die Kunden seien, die die Innenstadt brauche. Nun muss dazu gesagt werden, dass Weber dieses Zitat in verschiedene andere Aussagen eingebettet hatte, etwa der, dass Parkgebühren nicht der alleinige Ansatz seien, eine City attraktiv zu machen. Dafür brauche es eine Vielzahl von Maßnahmen – vom „Stadtsommer“ bis hin zu Einzelmaßnahmen zur Steigerung der Aufenthaltsqulität.

Stimmt. Doch für sich allein genommen war Webers Satz natürlich eine Steilvorlage für ihre Gegner der Sozialfraktion aus SPD und Linker: „Ihr Ernst, Frau Weber?“, fragte Fraktionsvorsitzender Dr. Florian Freund (SPD) auf Facebook und sagte weiter: „Wir dachten, wir hören nicht richtig in der heutigen Stadtratssitzung." Im Social-Media-Auftritt der Sozialfraktion heißt es dazu: „Die Aussage von Eva Weber zeigt, wie abgehoben die Diskussion in der aktuellen Stadtregierung ist. Die Innenstadt gehört allen. Wer sie stärken will,, muss dafür sorgen, dass sie für alle erreichbar ist."

„Gut gebrüllt, Löwe", möchte man dem Politiker, der flugs Unterstützung  durch die Fraktion der Bürgerlichen Mitte erfuhr, zurufen – wenn ihm denn zum Thema ein bisschen mehr eingefallen wäre als die gebetsmühlenhaft heruntergeleierte Forderung nach Stärkung des Nahverkehrs. Tatsächlich hätte man die unbedachte (wenngleich verräterische) Weber-Äußerung durchaus zum Anlass einer Generalabrechnung  mit dem Frontalangriff der grün-schwarzen Stadtspitze auf den Autoverkehr in der Stadt nehmen können. Schon die Reaktion der Angegriffenen (Leo Dietz, CSU: „Stimmungsmache“, Verena von Muttis-Bartholy (Grüne): „Effekthascherei") spricht in ihrer einfallslosen Pauschalität dafür, dass diese einer fundierten Kritik nicht viel Substanzielles entgegenzusetzen hätten.

Die aktuelle Stadtspitze agiert gegenwärtig auf vielen Themenfeldern, als gäbe es kein Morgen. Da wird fröhlich darauf verwiesen, dass der städtische Haushalt trotz Corona im Lot, ja sogar in der Gewinnzone, sei. Was einigermaßen logisch ist: Das  Gewerbesteueraufkommen (und ähnlich, aber nicht so deutlich, die Einkommenssteuer), von dem die Stadt zu einem guten Teil lebt, verändert sich immer in einem etwa zweijährigen Abstand zur „realen“ Wirtschaftsentwicklung. Wohingegen die Ausgaben wegen Corona sofort zurückgegangen sind: Viele Projekte fielen der Pandemie zum Opfer und mussten daher nicht bezahlt werden. Die Folge: Die Finanzlage der Stadt erscheint in einem guten Licht.

Doch das „dicke Ende“ wird kommen, wenn die Steuern der Betriebe, die während der Pandemie das Handtuch werfen mussten, nicht mehr in der Staatskasse klingeln. Und es sind viele Betriebe, die aufgegeben haben!

Eine vorausschauende Politik müsste bereits jetzt bei den Ausgaben auf die Bremse treten, um die Rücklagen aufzufüllen und Handlungsspielräume für schlechtere Zeiten zu bewahren. Doch das Gegenteil ist der Fall. Es werden immer neue Projekte angestoßen und neue Stellen geschaffen, die den finanziellen Spielraum der Stadt einengen, ohne dass wirkliche Aufgaben der Daseinsfürsorge wahrgenommen würden. Nur ein Beispiel: das Ziegenbeweidungsprojekt im (für Passanten seit Jahren unzugänglichen) Windprechtpark. Kann man machen, muss man aber nicht, wenn das Geld fehlt für anständige Schultoiletten oder wenn wertvolle Infrastruktur wie Straßen seit Jahren verkommt. 

Wenn Geld in die Stadt kommen soll, dann müssen allerdings auch die Menschen in die Stadt kommen können. Da hat Florian Freund recht: „Wer sie stärken will, muss dafür sorgen, dass sie für alle erreichbar ist." Und zwar mit allen Verkehrsmittel, Auto eingeschlossen. Hier geht die Augsburger Stadtspitze jedoch einen fatalen Weg. Längst ist im Umland der Eindruck entstanden, mit dem Pkw in Augsburg nicht mehr willkommen zu sein. Was durchaus durch faktische Entscheidungen untermauert wird: 

⚫️ Die Parkgebühren steigen.

⚫️ Die Zone mit dem höchsten Gebührensatz soll ausweitet werden.

⚫️ Parkplätze im öffentlichen Straßenraum werden abgebaut.

⚫️ Die Parküberwachung wird im Gegenzug intensiviert, Falschparker kann jetzt jedermann per App denunzieren.

⚫️ Straßen werden künstlich verengt.

⚫️ Tempo 30 soll in der gesamten Stadt gelten, mit Ausnahme weniger Hauptstraßen.

⚫️ Die Geschwindigkeitskontrollen werden im Gegenzug ausgeweitet.

⚫️ Die letzte, halbwegs innenstadtnahe kostenlose Parkfläche am Plärrer soll gebührenpflichtig werden.

Längst ist im Umland der Eindruck entstanden, mit dem Pkw in Augsburg nicht mehr willkommen zu sein, während gleichzeitig großflächiger Einzelhandel in Randlage und die Umlandkommunen mit optimaler Pkw-Erreichbarkeit um Kunden werben. Und in Augsburg, wo auch in bester Innenstadtlage immer mehr Läden leerstehen und wo selbst in der Kern-Fußgängerzone die Frequenz ins Bodenlose sinkt, salbadert man vom Stärken der „Aufenthaltsqualität". Was ungefähr so zielführend ist wie der Versuch, Putins Invasion der Ukraine durch das Werfen mit Gendersternchen zu stoppen.

Beim Blick in Augsburgs Zukunft kann einem da angst und bange werden. Diese Erkenntnis scheint allmählich auch in der CSU um sich zu greifen, in der immer deutlicher Kritik daran laut wird, die Partei werde als führende politische Kraft in der Stadt und als Korrektiv zu grünen Öko-Zukunftsträumen nicht genügend wahrgenommen. Noch liegt die nächste Kommunalwahl (und die Kandidatenaufstellungen dazu) weit entfernt. Doch sie wird kommen – und das dann zu einem Zeitpunkt, an dem die augenblicklichen Fehlentwicklungen voll durchschlagen werden. Wenn es dann – wovon man getrost ausgehen kann – zum innerparteilichen Konflikt kommt, sind die Tage der CSU als bestimmende Kraft im Augsburger Rathaus gezählt.

Fortsetzung folgt.

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