Regeln für alle

Yoda hat recht: Mimimi wohin man blickt.
Yoda hat recht: Mimimi wohin man blickt.

Zwei Räder, ein Mimimi

Hört einfach damit auf! Ich kann es nicht mehr hören und lesen! Corona hier, Corona da, Corona mimimi ... Irgendein (von mir) längst vergessener Politiker hat vor vielen Jahren mal von „Augsburg an der Jammer“ gesprochen, um die datschiburgische Grundeigenschaft zu beschreiben, bei allem immer nur das Negative zu sehen – zu jammern eben. Und jetzt haben wir also Corona, und das geht mit vielen unangenehmen (aber notwendigen!) Einschränkungen für uns Individuen einher. Ausgangsbeschränkungen, Maskentragen, Kurzarbeit – was rede ich, weiß eh jeder.

In meiner Lieblingszeitung stand kürzlich die erste Folge der Serie „Wie Corona unsere Zukunft verändert“. In dem grandiosen Stück (das noch viel besser wäre, müsste man die zahlreichen Fach- und Fachchinesisch-Begriffe nicht andauernd zwischengoogeln) sagt die taiwanesische Digitalministerin Audrey Tang: „Wenn man sagt: Trage eine Maske, um Dich vor deiner eigenen ungewaschenen Hand zu schützen, dann betrifft das jeden einzelnen. Sagt man: Trage eine Maske, um die älteren Menschen zu schützen, dann werden Leute, die nicht mit älteren Menschen zusammenleben oder denen sie egal sind, keine Maske tragen. Wenn wir sagen: Trage eine Maske aus Respekt vor deinen Mitmenschen, dann werden diejenigen, denen nichts an einem solchen Respekt liegt, keine Maske tragen. Oder? Ein am Eigeninteresse ausgerichteter Individualismus ist tatsächlich für das Kollektiv die bessere Strategie als der Aufruf zum Kollektivismus.“

Da hat sie recht -- aber dann doch nicht ganz, wenn man heute in die Lieblingszeitung blickt. Da geht es um „die Radler", also eine gesellschaftliche Gruppe, die stets am lautesten schreit, wenn es um ihre „Freiheit" -- nicht die der anderen, wohlgemerkt! -- geht. Die wie keine andere die Regeln der Straßenverkehrsordnung kreativ auslegt (also ignoriert). Und die sollen jetzt also auch Masken tragen, da, wo es auch für alle anderen vorgeschrieben ist. Und prompt erhebt sich ein kollektives Aufgeheule, das meine Lieblingszeitung munter transportiert und sogar per Kommentar noch unterstützt, nachzulesen hier. Da jammern die Zweirad-Easyriders über maskenhalber beschlagene Brillen. Man sehe ja gar nichts mehr! So what? Was seht ihr denn dann nicht mehr? Die Verkehrszeichen, an die ihr euch ohnehin nicht haltet? Die Ampeln, die ihr ignoriert? Oder die Oma, die allein schon der Fahrtwind im Minimalabstand vorbeirasender Rad-Rambos aus dem Rollator weht?

Geradezu grotesk wird es dann, wenn es um die Versuche geht, den grundguten Pedaleuren ein Schlupfloch zu suchen. Man könne doch nur die Gehwege als Maskenzonen ausweisen und die Fahrbahnen ausnehmen, schlägt der ADFC vor. „Geht nicht", kontert der zuständige Referent der Stadt; denn dann könnten Fußgänger ja auf der Fahrbahn laufen, um keine Maske tragen zu müssen.

„Hört einfach damit auf!", möchte man all diesen Cerebralasketen zurufen. Wir haben eine Pandemie, die im Zweifelsfall für jeden tödlich enden kann, und zwar egal, ob er Radler, Fußgänger, Rennwagenfahrer oder Binnenschiffer ist. Niemand würde es euch übelnehmen, wenn ihr einfach sagt, dass euch die Masken lästig sind. Das sind sie mir auch. Und trotzdem trage ich eine, wo es angeordnet ist, basta. Und ich suche auch nicht kreativ nach Möglichkeiten, die Maskenpflicht zu umgehen. Etwa so wie jene Intelliganzallergiker, die den ganzen Tag mit angezündeter Fluppe und „Döner mit alles" durch die Stadt laufen, weil man zum Rauchen und Essen ja den Gottseibeiuns abnehmen darf. Geht's eigentlich noch?

Ich empfehle mal einen Blick nach Italien. Dort war auch wieder Lockdown, in den „roten Zonen" sogar ein äußerst heftiger. Und kein Radler beklagte sich über die Maskenpflicht. Weil nämlich die Menschen mit und ohne Fahrrad wochenlang gar nicht raus durften. Was übrigens von Erfolg gekrönt war: In Italien erkranken aktuell weniger Menschen, weniger sterben als im ach so freien Deutschland. Und langsam läuft jenseits der Alpen auch das Leben wieder an. 

Und bei uns? Da geht der Lockdown in die Verlängerung. Und das stupid-egoistische Gejammere vermutlich auch.

Fortsetzung folgt. Leider, vermute ich.

 

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